- Was sind die häufigsten Probleme, mit denen sich Jugendliche und junge Erwachsene an Sie wenden?
Jugendliche und junge Erwachsene, die von einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung betroffen sind, bringen viele Themen mit in die Beratung.
Gerade junge Betroffene fragen sich oft, warum ausgerechnet sie eine chronische Krankheit haben. Sie empfinden das als unfair und sind genervt davon, regelmäßig Medikamente nehmen zu müssen. Oft sind sie traurig, dass sie manche Dinge nicht so unbeschwert machen können wie gesunde Gleichaltrige. Manche erleben die Besorgtheit der Eltern als bedrückend. Sie möchten Entscheidungen gern eigenständig treffen.
Auch stellt sich für junge Betroffene die Frage, wie offen sie mit der Erkrankung umgehen sollen. Einerseits wünschen sich viele gerade von nahestehenden Personen Offenheit, Verständnis und Zuspruch. Aber andererseits gibt es häufig auch die Angst, dass es peinlich sein könnte, über die Erkrankung und die damit verbundenen Erlebnisse zu sprechen oder dass andere sogar schlecht über sie denken könnten.
Oft wird auch der Umgang mit Leistungsduck in der Schule bzw. der Ausbildung von Jugendlichen angesprochen. Erschöpfung durch die Krankheit oder bestimmte Medikamente und Fehlzeiten vergrößern den Druck noch.
- Wie können junge Leute bei Ihnen Hilfe finden?
Je nach Altersgruppe gibt es verschiedene Angebote für junge Betroffene bei der DCCV.
Jugendliche können sich bei uns in der Chat-Beratung melden und sich anonym mit uns über Themen austauschen, die sie beschäftigen. Es gibt auch einen Gruppenchat, bei dem andere betroffene Jugendliche dabei sind. So ermöglichen wir einen Austausch unter Gleichaltrigen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Wir sind für Fragen dabei, aber meistens entwickelt sich ganz von selbst ein Gespräch unter den Jugendlichen Natürlich können Jugendliche uns auch mailen oder anrufen.
Für Jugendliche zwischen 11 und 15 Jahren veranstaltet die DCCV jährlich zudem eine Ferienfreizeit, bei der betroffene Jugendliche gemeinsam mit Betreuer*innen verreisen.
Junge Menschen zwischen 16 und Ende 20 können sich bei den „Youngstern“ melden. Bei den Veranstaltungen der Youngster geht es einerseits darum, etwas über die Erkrankung und den Umgang damit zu erfahren und andererseits darum, sich mit anderen auszutauschen, sich zu vernetzen und auch einfach gemeinsam Spaß zu haben.
- Selbsthilfevereinigungen haben oft das Image, nur etwas für ältere Menschen zu sein. Sind sie auch etwas für junge Menschen?
Auf jeden Fall sind Selbsthilfevereinigungen etwas für junge Menschen! Sie können durch die Selbsthilfe die Unterstützung und Hilfe bekommen, die sie brauchen, um selbstbestimmt mit ihrer Erkrankung umzugehen.
Viele Jugendliche haben das Gefühl, dass sie alleine mit ihren Beschwerden sind. Im Kontakt mit anderen Betroffenen erfahren sie, dass es anderen genauso geht. Sich offen mit jemandem auszutauschen, der genau weiß, wovon er oder sie spricht – das allein wird oft als positiv und erleichternd erlebt. Zudem ist es hilfreich, zu hören, wie andere mit schwierigen Situationen umgehen.
Zusammenfassend könnte man sagen, dass die Selbsthilfe dabei unterstützt, sich zu informieren, sich mit anderen zu vernetzen und mit der Erkrankung im alltäglichen Leben bestmöglich umzugehen.
- Danke für das Interview!